Der Berliner Dom ging aus der Erasmuskapelle des Berliner Schlosses hervor. Diese Umwandlung wurde von Kurfürst Friedrich II. begonnen und später von Joachim I. und vor allem von Joachim II. fortgesetzt. An dem langen und komplizierten Prozess waren auch Albrecht von Brandenburg (s. Anhang) und sogar der Papst beteiligt.
Im ursprünglichen Sinne waren wir nie eine Bischofsstadt mit einer Kathedrale. Insofern dürften wir in Berlin gar keinen Dom haben!
Allerdings wird heutzutage lexikalisch für den Begriff „Dom“ auch „Hauptkirche einer Stadt“ angegeben. Das trifft für Berlin zu. Die Domgemeinde nennt sich „Gemeinde der Oberpfarr- und Domkirche zu Berlin“. In dieser Predigtkirche werden die Gottesdienste vorwiegend von Dompredigern gehalten. Im Domkollegium sind die Bundesregierung und der Senat vertreten. Insofern hat man den Berliner Dom zu einer fest gefügten Institution mit besonderen, auch staatstragenden Aufgaben gemacht.
Wie kam es nun dazu, dass es in Berlin einen Dom gibt? Dazu muß man weit zurück bis ins 15 Jahrhundert zurückgehen, bis in die katholische Zeit und Gründungszeit des Berliner Doms.
Damals erwirkte Kurfürst Friedrich II. in Rom auf dem Wege zu seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem (1453), dass die im Schloß befindliche Kapelle in eine Pfarrkirche umgewandelt werden durfte (1. Dezember 1454). Der Papst überreichte ihm eine goldene Rose als Weihgeschenk. Den Pfarrer ernannte man zum beständigen Hofkaplan der kurfürstlichen Familie. Damit hatten die Hohenzollern ihre Hauskirche.
Im nächsten Schritt berief Friedrich II. ein Kollegiatstift oder Stiftkapitel ins Leben, als ein „Denkmal der Dankbarkeit des Kurfürsten für die vielen Wohltaten, die ihm Gott und dem Lande erwiesen hat“. Das 1459 von seinem Bruder, Friedrich dem Jüngeren, eingerichtete Kollegiatstift im altmärkischen Arneburg ging beispielhaft voran.
Bei der Gründung in Cölln waren anwesend: Der Bischof von Brandenburg und Lebus, die Äbte von Lehnin, Zinna, Chorin und Himmelpfort (u. a.). Acht Domherren wurden am 2. April 1465 ins Domkapitel eingewiesen, was als Gründung des Domstifts und der Domkirche angesehen wurde. Die Gottesdienstordnung und die Einkünfte wurden festgelegt.
Umstritten ist, ob der Begriff Domstift, insbesondere die Bezeichnung Domkirche zu Recht bestand, denn als Dom wurde bislang eine Kathedralkirche (Hauptkirche einer Diözese) mit dem bischhöfliche Thron bezeichnet.
Dennoch betrieb Kurfürst Friedrich II. die weitere Entwicklung seines Domstifts und machte sie zur viertwichtigsten kirchlichen Institution (nach Brandenburg, Havelberg und Lebus), indem er 1469 den Berliner Probst als neunten Domherren berief, der das Stift leitete. Diese Institution gewann immer mehr an Bedeutung und Reichtum, so dass namhafte Geistliche im Stift tätig wurden und das war die geschickte, weitblickende Idee von Friedrich II.: Er integrierte den Sachverstand der Geistlichen in seine Kanzlei. Als Friedrich II. verstarb sagte man in Anerkennung der geleisteten Arbeit: „Man sprach von Berlin“.
Leider interessierten sich die Nachfolger nicht sonderlich für das Cöllner Stift. Erst Kurfürst Joachim I. schenkte dem Domstift eine größere Aufmerksamkeit. In seinen letzten Lebensjahren wollte er das Domstift verlegen und vergrößern.
Das gelang aber erst Joachim II. mit der päpstlichen Bulle zum Domstift (18. November 1535). Er war nun ermächtigt, die Kirche der Dominikaner in einen Domstift umzuwandeln. Sein Onkel, Albrecht von Brandenburg, hatte als Vorreiter zu dieser Entwicklung beigetragen. Nach verschiedenen Absprachen mit dem Papst hatte er seine Absichten in Halle durchgesetzt, die dortige Dominikanerkirche in einen Dom umzuwandeln. Am 28. Mai 1536 waren die rechtlichen Voraussetzungen in Berlin erfüllt und das Dominikanerkloster wurde verlassen. Dessen Kirche stand nun zur Umwandlung in eine Domkirche zur Verfügung. Am 2.Juni 1536, Freitag vor Pfingsten, wurde das Stiftskapitel eingeführt und am 4. Juni, zu Pfingsten, der „Alter Berliner Dom“ vom Bischof von Lebus geweiht. Der Papst hatte das selbstverständlich unterstützt, war doch Joachim II. einer der letzten Kurfürsten, die sich an die katholische Konfession hielten, obwohl schon viele seiner Untertanen lutherisch waren. Man hatte Angst, dass er unter den Einfluss seiner lutherisch orientierten Mutter gelangen könnte.
Die Ausstattung des Alten Berliner Domes war beachtlich. Etliche hervorragende Bilder von Cranach d. Ä. und die üppig ausgestatteten Ornate beim Gottesdienst machten den Berliner Dom zu einem ganz besonderen und beeindruckenden Erlebnis, was die Besucher von weit her anlockte.
In dem neben dem Dom stehenden Turm, der von Joachim II. zum Glockenturm umgebaut wurde, befanden sich drei Geläute mit Glocken und Schellen. Das große Geläut wurde von 8 Pulsanten und 28 Mietlingen bedient, die anderen beiden Geläute von je 10 Mietlingen. Die tonnenschweren Glocken wurden getreten, die Klöppel besonders geschlagen. Siehe auch den Beitrag „Das Geläut des einstigen Berliner Glockenturms“.
Am 1. November 1539 erfolgte der Übertritt Joachim II. zur Reformation. Damit wurde der Ablauf des Gottesdienstes im Dom geändert. Allerdings ließ Joachim II. die prachtvollen Zeremonien bestehen. Bischof von Gorka berichtet nach Polen, dass der Gottesdienst ähnlich „wie bei uns zu Hause“ verlaufe. Damit war ein Mittelweg zwischen Tradition und Reformation im Dom gefunden worden.
In seinem letzten Willen bestimmte Joachim II. am 19. April 1563, wie der Dom weitergeführt werden soll. Seine Söhne mussten beeiden, dass sie das Testament einhalten werden. So gab es unter Johann Georg keine Änderungen. Erst Joachim Friedrich nahm wieder zaghafte Änderungen vor.
Kurfürst Joachim Friedrich bestimmte am 25. Mai 1608 den Dom zur obersten Pfarrkirche in Cölln. Die katholischen Bräuche wurden abgeschafft und das Domkapitel aufgehoben. Somit bestand nur noch eine Pfarrkirche und kein Dom! Dennoch nannte sich die Gemeinde weiterhin Domgemeinde und die Kirche war bis 1747 der Alte Berliner Dom.
Johann Sigismund ging noch einen Schritt weiter und bekannte sich am 18. Dezember 1613 zur calvinistischen Glaubenslinie. Während der Abwesenheit von Johann Sigismund ließ sein Bruder, Statthalter Markgraf Johann Georg, 1615 alle Epitaphien, Kruzifixe und Bilder, so auch von Cranach, aus dem „Dom“ schaffen. Das wertvollste rettete man in die Schlosskapelle, die zeitlebens die Andachtsstelle der lutherischen Kurfürstin Anna und ihrer Töchter gewesen war. Hainhofer hat die Gemälde 1617 dort gesehen.
Nach erbitterten Auseinandersetzungen mit den überzeugten Anhängern Luthers wurde doch die reformierte Kirche durchgesetzt. So ordnete Kurfürst Georg Wilhelm am 9. Juli 1632 an, den Dom zu Cölln in eine reformierte Parochialkirche umzugestalten. Es wird nicht mehr vom Domprediger, sondern vom Prediger oder Hofprediger gesprochen. Der Kurfürst ordnete an, dass diese Parochialkirche gänzlich von der Schlosskirche separiert wird und „die allemal regierende Herrschaft in der Schlosskirche derjenigen Religion nach Belieben“ ausüben kann.
Obwohl es nach wie vor überzeugte Lutheraner gab, verbreitete sich die reformierte Kirche. Der Große Kurfürst trug weiter zur Stabilität bei. Mit der Einführung des Domkirchendirektoriums gab er 1658 dem Dom erstmals eine eigene Verwaltungsbehörde. Das führte zu einer weiteren Unabhängigkeit gegenüber staatlichem Einfluss.
1685 ließ der Große Kurfürst den (über der Apsis befindlichen) Uhrenturm mit einer wertvoll verzierten Glocke bestücken. Auch das kurfürstliche Wappen wurde angebracht.
Im Jahre 1697 reduzierte man das Äußere des Domes durch die Demontage beider Westtürme. 1716 folgten Dachreiter und Giebel. 1717/18 wurden die Westtürme im Stile der Zeit neu gebaut und mit je einer Glocke versehen, die aus dem abgerissenen Glockenturm stammten. Es war ein karger Anblick.
Schließlich musste der Dom im Jahre 1747 wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Den neuen Dom errichtete man am Lustgarten. Er wurde am 6.September 1750 vom König eingeweiht. Friedrich II. entschied, dass es keine Hofkirche, sondern ein Dom für alle werden sollte. Wie schon 1632 bestimmt, wurde die Trennung von Staat und Kirche fortgeführt. Dieser barocke Bau wurde noch von Schinkel umgestaltet, bis schließlich nach vielen Anläufen der heutige, repräsentative Dom, zwar nicht ganz fertig, am 27. Februar 1905 geweiht werden konnte.
1918 wurde der Dom Eigentum des Staates. Das Vermögen der Stiftung befand sich (seit 1632) unter Aufsicht des Domkollegiums.
Literatur
Wagner, Friedrich: Die älteste Geschichte des Domes und Domstifts zu Kölln-Berlin, Hohenzollern Jahrbuch, 1904
Müller, Nicolaus: Der Dom zu Berlin: Jahrbuch der Brandenburgischen Kirchengeschichte, 1906
Schneider, Julius: Die Geschichte des Berliner Doms, 1993
Geyer, Albert: Die Geschichte des Schlosses zu Berlin, 1935
Anhang
Bemerkungen zu Albrecht von Brandenburg [Erzbischof Albrecht von Brandenburg, ein Kirchen- und Reichsfürst der frühen Neuzeit,
Hrsg. Friedhelm Jürgenmeier]: Sein Vater berichtet, dass er einen Gegner mühelos an einem Arm zur Tür hinaus tragen konnte, aber zum Kriegsmann reiche es nicht. Geduldiges Verhandeln und Verträge schließen, das war seine Sache. Mit ihm beginnt eine fast 100-jährige Friedenszeit für das Kurfürstentum Brandenburg.
>>S. 20: Joachim I. überantwortete ihn über zwei Jahre einem Kreis älterer und jüngerer Humanisten, die ihn in Fürsten- und Kirchenrecht des Reiches unterrichteten. In der Universität Frankfurt/O. hat er nicht systematisch studiert, hörte aber Vorlesungen zur modernen und juristisch begründeten Renaissans, dem Fürstentum römischer Prägung.
>>S. 21: Sein Grundzug war die Verschwendung, fürstlicher Umgang mit Geld und Gold, forderte von Joachim I. so manches Opfer. Eine Ablösung seiner Ansprüchen vom Cöllner Hof erfolgte durch vereinbarte feste Unterstützung.
Die Priesterweihe feierte man zu Ostern 1513 vor dem gesamten Hof. Bereits am 31. August 1513 wurde er ins Domkapitel zu Magdeburg und am 9. September 1513 zu Halberstadt gewählt. Seit dem 9. März 1514 nannte man ihn Erzbischof und Kurfürst zu Mainz. Das Pallium hat Kurfürst Joachim I. 20000 Gulden gekostet. Nun waren beide Brüder Partner und Verbündete, standen sich nie als Gegner gegenüber. Albrecht war Kardinal (1518 als Kirchen- und Landesfürst selbstverständlich vom Papst ernannt).
>>S.38: Sein Bruder Kurfürst Joachim I. versorgte ihn väterlich. Seine Ausbildung erhielt er neben den Regentschaftsaufgaben am Hof. Er konnte also keine drei Jahre durchgehendes Studium und die dabei erworbenen Rechtskenntnisse nachweisen, als er in Magdeburg ins Domkapitel aufgenommen werden wollte. Er erfüllte nur das Adelsstatut. Obwohl das Aufnahmestatut nicht erfüllt wurde, kam es doch zur Aufnahme ins Domkapitel, weil Papst Leo X. für ihn mit Hinweis auf seine Verdienste das Statut außer Kraft setzte.
>>S. 49: Seine Titel: Albrecht von Brandenburg war Reichs- und Kirchenpolitiker, geistlicher Reichsfürst, hoher Würdenträger des Reiches, Erzbischof von Mainz und damit Erzkanzler des Reiches. Zum Kaiser ergab sich daraus ein Nahverhältnis.