Das erste Berliner Schloss „in Cölln up de Spree“

Eine Schloßrekonstruktion für das ab 1451 genutzte Schloss nach der Berlinansicht von 1537 (Pfalzgaf Ottheinrich)

In der Ansicht sind vom Schloßbereich nur sechs Türme zu sehen. Die Gebäude vom Schloß und der Domkirche verschwinden förmlich hinter den Dächern der Stadt.

Eine Überprüfung des Geländes erbrachte einen etwa 2 m tiefer liegenden Baugrund für das Schloß und die perspektivische Auswertung ergab, dass die Gebäudehöhe niedriger als 19 m gewesen sein mußten und daher von der Stadt verdeckt wird. Vergleiche bestätigen, dass die Gebäude der damaligen Zeit unterhalb von 19 m lagen.

Zu den sechs Türmen: Die linken beiden erscheinen hell und sind dem Alten Dom zuzuordnen. Er ging aus der Dominikanerkirche hervor, die zu Pfingsten 1536 zum Dom geweiht wurde und sogleich diese beiden Türme erhielt. Die restlichen vier Türme sind dunkel und waren mit Schiefer gedeckt. Sie sind als Paare erkennbar, die versetzt hintereinander stehen. Der Blick fällt also nicht frontal, sondern etwas seitlich auf den Schloßbereich. Diese vier Türme müssen zum ersten Schloß gehören, denn Joachim II. hat erst nach 1538 den Bau des Schloßplatzflügels und weitere Umbauten begonnen, also nach der im Februar 1537 aufgenommenen Stadtansicht.

Mit der Projektion des Schloßbereichs auf dem Lindholzplan ließen sich Daten zur perspektivischen Darstellung gewinnen. Demnach hatte der Spreeflügel eine Abmessung von 33 m. Diese genaue Angabe wurde in Abstimmung mit dem Schloßfundament ermittelt. Setzt man ein Seitenverhältnis von 1 : 2 voraus, ergibt sich für den Schloßkomplex eine Abmessung von 33 m x 66 m. Dieser lag etwa 3 m nördlich neben dem späteren Schloßplatzflügel. Spätere Erweiterungen konnten so außerhalb des Schloßbereichs vorgenommen und das Schloß und der Schloßhof zwischenzeitlich voll genutzt werden.

Die beschriebene Lage des Schloßkomplexes ermöglicht einen umlaufenden Graben, der den Zufluß aus dem eingekürzten Cöllner Stadtgraben erhielt, dessen genaue Lage während der Grabungskampagne von 1880 bekannt wurde. Es ergab sich eine hervorragende Übereinstimmung zur ermittelten Lage des Schloßkomplexes.

Zum Aussehen des Schlosses gab 1937 Raoul Nicolas den Hinweis, dass es sich an das 1460 fertiggestellte Schloß Langeais anlehnen könnte: Außen das Aussehen einer Burg und nach innen ein Wohnschloß. Das wird in Berlin ebenso gewesen sein, denn eine Burg war sinnlos geworden, zumal Kurfürst Friedrich I. dem Adel in der Mark Brandenburg mit Kanonen gezeigt hatte, dass eine Burg keine Sicherheit mehr bietet. Nur der Baustil von Langeais mit üppig gestalteten Rundtürmen ist nicht denkbar. Denn die Hohenzollern hatten in Franken eine Vielzahl von Burgen selbst erbaut oder an sich gebracht und aus- oder umgebaut. Dabei ist nur ein eher karger Baustil mit Vierecktürmen zu beobachten. Es ist unvorstellbar, dass man sich in Cölln dem französischen Baustil zugewandt hat. Eher dürfte man den Stil verwendet haben, den man im Stammland selbst benutzte. Das berücksichtigt die Rekonstruktionszeichnung.

Eines ist unbedingt zu beachten: Vor dem Bau des Schlosses stand nur der Grüne Hut (und eventuell der Torturm der Stadtmauer, später der Turm an der Stechbahn) auf dem Bauplatz. Er war die Keimzelle für den Schloßbau. Das wird durch die bauliche Verschmelzung mit der Apsis der Erasmuskapelle erkennbar. Optisch, nach außen, wurde so ein Doppelturm geschaffen, dem man eine gewisse Mächtigkeit nicht absprechen kann. Dieser hebt auch nochmals die Besonderheit der Kapelle hervor. Friedrich II., der als besonders gläubig galt, hatte vieles mit dieser Kapelle vor. Beim Papst hatte er im Anschluß an seine Pilgerreise nach Jerusalem im Jahre 1453 persönlich erreicht, dass sie zunächst zur Pfarrkirche umgewidmet wurde. Später wurde ein Domstift eingerichtet, so dass hochrangige Geistliche eingebunden wurden, die mit ihrem Fachwissen die kurfürstliche Kanzlei unterstützen konnten. Damit wurde die Qualität der kurfürstlichen Residenz aufgebessert.

War sie nun Schloß oder Burg? Als Einziger sprach der Papst, als er die Umwidmung genehmigte, von einer „Burgkapelle“. Ansonsten wird in den Urkunden nur vom Schloß gesprochen. So kann man sich dem durch Graf von Dohna geprägten Ausdruck „Burgschloß“ anschließen, im Sinne von Langgeais: Außen eine Burg und nach innen ein Schloß, das 1443 begonnen und 1451 im März bezogen wurde.

Eine ausführliche Beschreibung finden Sie in
„Vahldiek, Hansjürgen: Berlin und Cölln im Mittelalter, Kapitel G, 2011“

und eine etwas gekürzte Version in der pdf-Datei
„www.diegeschichteberlins.de/downloads/erstes-schloss-jb-1-3-2.pdf“

Folie12
Die Abbildung zeigt die Rekonstruktion des ersten „Berliner“ Schlosses in Cölln up de Spree